Immer noch waren wir unter dem Eindruck unserer Ankunft in Neu-Delhi. Wir haben in den vergangenen 10 Jahren viele Länder gemeinsam besucht, doch der erste Eindruck von Indien war besonders. In vielerlei Hinsicht; seien es die vielen Gerüche, der allgegenwärtige Lärm oder die schiere Masse an Menschen. Nach unserem Besuch im Taj Mahal verbrachten wir noch einige Tage in der Region Rajasthan, bevor wir uns nach Meer sehnten.
So führte unser Weg in den Süden. Goa ist der kleinste Staat Indiens. Erst in den 60er Jahren erlang es seine Unabhängigkeit nach 450 Jahren portugiesischer kolonialer Besetzung. Und diese Zeit merkt man dem kleinen Staat an jeder Ecke an. Der lokale Bus, der uns vom Flughafen in den Norden Goas brachte, war sauber und pünktlich.
Überall Palmen
Goa ist wunderschön. Der ganze Staat ist übersät mit Palmen, alles ist Grün. Es scheint so, als würde der Staat viel Geld in die Pflege der Natur und vor allem der Infrastruktur stecken – auf unseren Fahrten durch Goa wurden viele Straßen ausgebessert und neue Brücken gebaut. Auch sahen wir zum ersten Mal Arbeiter auf den Straßen, die aufräumten. Müll auf den Straßen und vor allem am Strand ist auch hier ein riesiges Problem – aber weitaus weniger als noch in Neu-Delhi, Agra oder Jaipur.
Die Busfahrt endete in einem Ort rund zwölf Kilometer vor unserer Unterkunft. Dunkel war es und es regnete. Wir suchten nach einem Anschlussbus, doch wurde uns von allen Stellen gesagt, dass nichts mehr fahren würde. Erschöpft fragten wir den letzten Bus, ob er in die Richtung unserer Unterkunft fahren würde.
Reiseziel von Indern
In dem privaten Bus saßen Schülerinnen einer Mädchenschule aus Neu-Delhi, die hier ihren Schulausflug machten. “Na klar, steigt ein!”, rief uns ihre Lehrerin zu. Ihr Hotel läge in der Nähe unseres Hostels. In Goa trifft man viele indische Urlauber; es ist nicht nur ein Ziel von ausländischen Touristen. Also stiegen wir ein und setzten uns zu den Mädchen und ihren Lehrern.
Plötzlich ging das Licht komplett aus, die Musik wurde laut und viele farbige Lichter verwandelten den ansonsten normal aussehenden Reisebus in einen mobilen Partyclub. Es liefen anscheinend die Top-Hits für indische Jugendliche. Es wurde gelacht, getanzt und lauthals mitgesungen. Welch ein schöner und unerwarteter Einstieg in Goa und welch ein Kontrast zum vorher doch tristen Stadtleben Indiens.
Die Strände waren fast leer. Kaum ein ausländischer Tourist und wenige indische Touristen hatten sich hier Ende Oktober hin verirrt. An einigen Stränden liefen Kühe frei herum. Das Wasser war unglaublich warm – wir fühlten uns ans Mittelmeer im Hochsommer erinnert. Es war sehr angenehm, hier ins Wasser einzutauchen. Weniger angenehm war, dass man auf dem Weg ins Meer an viel Müll entlang musste. Plastikflaschen, Chipstüten oder kaputte Glasbehälter säumten den Weg.
Das eher saubere Indien
Das war besonders daher ärgerlich, als dass es an Goas Stränden Müllbehälter gibt, die für jedermann zugänglich sind. Eine Seltenheit – ansonsten sucht man vergeblich nach Mülleimern und kann etwas nachvollziehen, warum Müll auf den Straßen liegt: Wo sollte man seinen Müll wegschmeißen? Doch hier am Strand wurden einfach vor unseren Augen Tüten ins Meer geworfen, Flaschen auf die Felsen gelegt oder Verpackungen im Sand liegen gelassen.
Und trotz alledem ist Goa ein sauberer Ort und ausnahmslos schön. Alles sieht besser aus mit Sonne und Palmen. Wir erkundeten Goa von Norden bis Süden und besuchten einige Stätten aus der Kolonialzeit und danach. Der Mix war sehr spannend: Hinduistische Tempel wechselten sich ab mit Kirchen. Ein Viertel der Goaner sind Christen. Diesen Einfluss Portugals sieht man auch vor allem in den vielen herrschaftlichen und mediteranen Häusern, die über ganz Goa verteilt sind.
Ein Highlight war eine Gewürzplantage in der Mitte Goas. Hier wurden die unterschiedlichsten Gewürze angebaut wie beispielsweise Vanille, Zimt, Kardamom oder Kurkuma. Das ganze Gelände war – wie für Goa typisch – mit unzähligen Palmen besetzt. Es roch herrlich nach den unterschiedlichen Gewürzen, Nüssen, Früchten und Gemüsesorten, die hier wuchsen.
Vegetarier sind die Könige
Am Ende unserer Tour gab es ein Mittagsbuffet für alle Gäste. Typisch indisch: Es gab zwei Bereiche des Buffets. Auf der einen Seite gab es vegetarische Gerichte, auf der anderen Seite nicht-vegetarische Gerichte. Hier in Indien sind die Vegetarier die Könige. Es ist in den meisten Restaurants üblich, dass explizit die Gerichte ausgewiesen werden, die Fleisch enthalten – und nicht wie im Westen gewohnt andersherum. Eine willkommene Abwechslung. Vor allem daher, da die indische Küche weiß, wie man Reis, Kartoffeln und Gemüse so zubereitet, dass Fleisch nicht fehlt.
Wir nutzten die Tage in Goa, um abzuschalten. Drei vollgepackte Wochen Städtereisen durch Iran und Indien lagen hinter uns. Hier in Goa war es leise, sonnig und herzlich. Der Tag bestand aus Strand, Pool, fantastischem indischen Essen und Yoga. Eine sympathische Yoga-Lehrerin aus Neu-Delhi zeigte uns jeden Tag unterschiedliche Yoga-Arten. Wer sollte nach solch einem Programm nicht komplett entspannt sein?
In diesem Zustand reisen wir nun weiter durch Indien – ein Land, das so unterschiedlich und groß ist, dass man vermutlich ein ganzes Leben bräuchte, um alle Facetten zu verstehen.
Was aus Goa im Gedächtnis bleibt:
- Kühe am Strand sind verstörend.
- Alles alles alles ist besser mit Sonnenschein und Palmen.
- Zu Meeresrauschen einschlafen.
- Egal in welchem Restaurant – es schmeckte überall fantastisch.
- Endlich die Ruhe genießen nach den unglaublichen Hupkonzerten in Indiens Großstädten.